Eine Seniorin sitzt am Tisch und versucht ein Puzzle zu machen, eine Pflegerin sitzt neben ihr und hilft ihr

Leben mit einem Demenzkranken

Der Alltag mit der Krankheit: Herausforderung für Angehörige

Wenn die Diagnose einer Demenzerkrankung, möglicherweise einer Alzheimer-Demenz, bei einem Ihrer Angehörigen oder einem Ihnen nahestehenden Menschen gestellt wurde, befindet sich die Erkrankung meist noch in der Frühphase und fällt vor allem durch Gedächtnisstörungen, die Wiederholung von Fragen oder kurzen Geschichten und das Verlegen von Gegenständen mit anschließendem Ärger auf.
Da die Alzheimer Demenz, ebenso wie die anderen Demenzformen, bis heute nicht heilbar ist, wird sie in den folgenden Jahren fortschreiten und das Leben des Betroffenen und damit auch Ihr eigenes Leben beeinträchtigen. Dieses kann (muss nicht!) Sie in den folgenden Jahren so sehr fordern, dass an ein gemeinsames Leben nicht zu denken ist. Die Pflege eines schwer demenzkranken Menschen kann die eigenen Kräfte übersteigen und es ist durchaus legitim, eine Versorgung und ein Leben in einer Pflegeeinrichtung zu organisieren.
Ihre persönliche Entscheidung, die Pflege zu Hause zu organisieren oder in einem anderen Haushalt zu unterstützen ist eine Entscheidung, die viel Respekt verdient und möglichst mit genügend Unterstützung und Entlastung stattfindet. Es können während der Pflege Situationen auftreten, die Sie den Nachtschlaf und die Nerven kosten und mit einer Berufstätigkeit kaum vereinbar sind und das bisherige Leben auf den Kopf stellen.
Eine möglichst breite Basis an Pflegenden, Familienangehörigen oder Freunden, die sich an der Betreuung und Pflege beteiligen, sind eine gute Grundlage dafür, diese Pflege auch über Jahre aufrecht erhalten zu können.

Für einen betroffenen demenzkranken Menschen schafft die Tatsache, dass er in den eigenen vier Wänden leben kann, natürlich ganz viel Sicherheit und damit Entspannung. Dabei hilft es sehr, wenn die Umgebung so einfach wie möglich gestaltet wird. Da ein "mehr" an Umgebung, Dekoration und Reizen schnell zur Überforderung führen kann, was dann wiederum Verunsicherung, Anspannung, depressive Momente oder Wutausbrüche auslösen kann, ist eine klar strukturierte und dabei behagliche Umgebung hilfreich.
Wenn die Worte und das Verständnis für bestimmte Abläufe, Tätigkeiten und Dinge weniger werden, kann es sinnvoll sein, Gegenstände zu beschriften, damit der demenzkranke Mensch sich so lange wie möglich selbst orientieren und alleine handeln kann.
Immer wiederkehrende Abläufe, die verlässlich zu den gleichen Tageszeiten stattfinden, schaffen mehr Sicherheit als ständig wechselnde Tagesabläufe, die spontanes Umdenken und Flexibilität erfordern. Zu starke Anforderungen und zu wenig Pausen im Tagesablauf (knapp gefasst: zu viel Aktivität) kann bewirken, dass der Betroffene sich überfordert fühlt und sich zurückzieht oder "ausrastet". Je mehr Sie als betreuende Angehörige sich und Ihren Alltag dem Tempo und der verbliebenen Bewältigungskapazität des erkrankten Menschen anpassen können, desto leichter wird der Tagesablauf sich gestalten lassen.

Dabei (und das ist eine Gratwanderung, die sich vermutlich erst mit der Zeit einübt) ist es durchaus möglich, über Ansprache und Anregungen in Grenzen die Aufmerksamkeit und Orientierung zu verbessern. So hat eine US-amerikanische Untersuchung ergeben, dass auch bei Betroffenen mit fortgeschrittener Demenz die Ernährung besser funktionierte, wenn bunte und kontrastreiche Teller und Tisch-Sets für die Mahlzeiten benutzt wurden. Diese optische Stimulation hat vermutlich den Automatismus "Essen" ansprechen und auslösen können, sodass die untersuchten Demenzkranken ihr Gewicht länger halten konnten.

Pflegende sollten Hilfsangebote nutzen

Zur Pflege eines demenzkranken Menschen gehört die Erkenntnis, dass die unter Umständen stürmischen Reaktionen wie Wut oder Hysterie, Verzweiflung oder Ignoranz zum Krankheitsbild der Demenz gehören. Wer die einfachen Dinge des Lebens nicht mehr verstehen kann, fühlt sich ohnmächtig, überfordert, wütend und verzweifelt und reagiert dann vielleicht auch ungebremst so, während er früher im Leben meist rücksichtsvoll, freundlich und kontrolliert war.
Hier hilft es Ihnen als pflegenden Angehörigen, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Selbsthilfegruppen gibt es inzwischen in vielen Städten und durch die immer häufiger werdenden Diagnosen werden zunehmend Angebote auf die Beine gestellt.

Eine vierzehntägige Gruppe, in der Demenzkranke ein leichtes Gedächtnistraining in angenehmer Umgebung machen, ist für die Dauer von ein oder zwei Stunden eine Entlastung für diejenigen, die im Alltag die Sorge und die Versorgung des Betroffenen übernommen haben.
Alles, was Sie entlastet, jeder Mensch, der gerne Zeit mit Ihrem demenzkranken Angehörigen verbringt, sodass Sie bei einem Kaffee oder einem Einkauf oder auch bei einem Kurzurlaub Ruhe und Entspannung finden, hilft Ihnen, diese Aufgabe langfristig zu übernehmen und damit für Stabilität zu sorgen.

Vielfach kommt es zu Zusammenbrüchen derjenigen, die die Pflege übernommen haben, weil sie zu selten, zu spät oder gar nicht an Entlastung gedacht haben, keine Hilfe gesucht oder angenommen haben und sich zu spät eingestanden haben, dass die Pflege sie bis an die Grenze des Machbaren fordert. 
Die Unterstützung durch einen Pflegedienst, der Kontakt zum Hausarzt und zu einem Pflegestützpunkt bietet Hilfe in den vielen Fragen, die man zu Pflege haben kann, und das wiederkehrende Hinterfragen der eigenen Grenzen und Möglichkeiten ermöglichen es Ihnen, Ihrem demenzkranken Angehörigen oder Freund möglichst lange und hilfreich zur Seite zu stehen, ohne die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen oder den Zusammenbruch zu riskieren.

Unsere Gesundheitsexpertin

Unsere medizinischen Fachtexte werden von Anke Prczygodda verfasst.

Anke Prczygodda ist Fachärztin für Allgemeinmedizin in Kiel und hat sich speziell für den Bereich ambulante geriatrische Rehabilitation qualifiziert.
Unsere Texte stammen also aus der Feder einer ausgewiesenen Expertin für Altersheilkunde.

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