Der Versuch eines kleinen und sehr groben Beispiels für diese komplizierten Abläufe, um vielleicht ein wenig zu verdeutlichen, was diese Datenbahnen bewirken und wie unser Gehirn arbeitet:
Wenn ein Baby früh im Leben mit einer Fertignahrung gefüttert wird, die als Aroma den Duft von Vanille enthält und wenn die Situation des Fütterns immer wieder so richtig gemütlich und kuschelig ist, wird dieses kleine Kind den Geruch von Vanille als "angenehm, beruhigend und schön" speichern und fortan auch noch als erwachsener Mensch Vanille unbewusst mit "angenehm" assoziieren.
Damit werden unter Anwesenheit des Duftes nach Vanille Gehirnbahnen benutzt werden, die eher beruhigende, angenehme und positive Auswirkungen haben. Diese Prägung wird also diesem Menschen in seinem Leben vermutlich kaum schaden und erklären, warum er auch als Erwachsener noch so gerne Vanillekipferl isst und seinen Roiboos Tee immer mit Vanillearoma einkauft und dabei freundlich lächelt, was aber, wenn in diesem Beispiel des kleinen Babys mit der Flasche die Stimmung beim Füttern immer sehr angespannt war und das Baby vielleicht abgelehnt wurde?
Auslöser erkennen
Dann wird eine Datenbahn im Gehirn geknüpft, die den Duft von Vanille mit Angst, Verunsicherung und Ablehnung verknüpft und dann wird der Duft nach Vanille auch im Erwachsenenalter keine angenehmen und positiven Erinnerungen wecken.
Da gerade die Erfahrungen in der frühen Kindheit nicht als bewusste Informationen in Worten gespeichert sind, wird nun kaum ein erwachsener Mensch realisieren, dass der Duft Vanille mit unangenehmen Erinnerungen aus der frühen Kindheit gekoppelt ist. Aber er wird unter Umständen, nur weil es im Nebenraum dezent nach einer Vanillekerze duftet, auf der Arbeit sehr ungehalten reagieren, seine Kollegen unsachlich kritisieren und sehr viel unerfreuliches Feedback erhalten.
Dieses Feedback als Erwachsener könnte zu einer Depression führen und damit dann im Laufe der Behandlung zum Therapievorschlag einer Psychotherapie.
Wenn immer wieder der Duft nach Vanille eine Datenbahn anregt, die "Angst, Verunsicherung und Ablehnung" zum wesentlichen Blickwinkel von Situationen macht, kann nun eine Psychotherapie mit den verschiedenen oben geschilderten unterschiedlichen Verfahren ermöglichen, andere Verbindungen innerhalb des Gehirns zu erschaffen und dann anschließend auch aktiv und bewusst einzuüben und zu benutzen.
Verhaltensweisen verändern
So könnten zum Beispiel Betroffener und Therapeut die Situation am Arbeitsplatz in einer Therapiestunde besprechen und in allen Facetten darstellen. Dabei könnte es sein, dass man nie darauf käme, dass der Duft nach Vanille eine ganze Kette negativer Gefühle ausgelöst habe, aber das wäre letztlich unerheblich, wenn es gelingen könnte, wahrzunehmen "irgendetwas ist mit mir passiert, dass ich auf einmal sehr schlechter Stimmung war und dann habe ich meine Kollegen beschimpft und dann wurde die Stimmung schlecht". Wenn Sie herausarbeiten würden, dass nicht die Kollegen selbst und deren Vorschläge bezüglich der Arbeit zu einem Problem geführt haben, sondern dass in Ihnen ein unangenehmes Gefühl entstanden wäre, wäre es möglich für die Zukunft und ähnliche Ereignisse oder Situationen Veränderungen möglich zu machen.
Wenn Sie realisieren lernen, dass "was auch immer" ein unangenehmes Gefühl auslöst und es nicht der Kollege direkt vor Ihnen ist, können Sie mit vollem Bewusstsein vielleicht den Bruchteil einer Sekunde innehalten, bevor Sie den Kollegen beschimpfen würden und damit den nachfolgenden Konflikt auslösten. Wenn Sie signalisieren, dass Sie einen kleinen Moment Zeit für eine Antwort benötigen, können Sie wenig später eine andere, in der Therapie neu geprägte, Datenbahn ihres Gehirns nutzen und nicht in das alte Verhaltensmuster verfallen.
Erfolgsmöglichkeiten der Psychotherapie
Wenn dann in diesem kleinen Beispiel am Arbeitsplatz diese Konflikte nicht mehr geführt würden, wäre die Stimmung, die Ihnen am Arbeitsplatz entgegen käme, erfreulich und produktiv und sie hätten fortan Rückhalt unter den Kollegen und kämen in guter Stimmung nach Hause. Damit würde sich auf lange Sicht die depressive Sichtweise Ihres Lebens verbessern und eine deutliche Steigerung der Lebensqualität eintreten.
Würde es also gelingen, über eine Psychotherapie mögliche Auslöser und krisenhafte Situationen als solche zu erkennen, hätten Sie die Möglichkeit, durch veränderte Verhaltensweisen eine deutliche Verbesserung von Erlebnissen und - damit eng verknüpft - Ihres Befindens herzustellen.