Tochter steht ihrer trauernden Mutter bei, die ein Bild ihres verstorbenen Mannes betrachtet

Sterbebegleitung

Einen sterbenden Menschen zu belgeiten, ist nicht einfach, kann aber sehr erfüllend sein.

Zu wissen, dass ein geliebter Mensch nicht mehr lange leben wird, stürzt uns in der Regel in Trauer, vielleicht auch in Angst. Wenn Sie wissen, dass das Unvermeidliche kommen wird, sollten Sie diesen Zustand überwinden und die noch verbleibende Zeit nutzen.

Zu den praktischen Fragen, die Ihnen vielleicht im Umgang mit dem sterbenden Menschen in den Sinn kommen, gehört nach meiner Erfahrung immer wieder die Frage nach Essen und Trinken. In der letzten Lebensphase werden Essen und Trinken immer unwichtiger für den Sterbenden. Der Stoffwechsel arbeitet immer langsamer und benötigt immer weniger Energie, sodass zuletzt vielleicht nur noch winzige Löffelchen einer eher weichen Speise geschluckt werden und Getränke nur noch teelöffelweise heruntergebracht werden. Dann wird vielleicht selbst das Herunterschlucken zu anstrengend und der sterbende Mensch möchte nur noch die Lippen und den Mund mit einem kleinen Eiswürfel oder etwas Flüssigkeit befeuchtet haben. Sie verständigen sich vielleicht kaum noch mit Worten, nur mit einem feinen Nicken, Blicken, Augenbewegungen oder einer winzigen Geste der Hand.  

Auch die medizinischen Daten, die vielleicht über eine längere Krankheit hinweg immer wieder eine wichtige Rolle gespielt haben (zum Beispiel Blutdruck, Puls, Blutzuckerwerte, Temperatur) werden sich verändern und in Ihnen vielleicht immer wieder den Reflex auslösen "aber da muss doch jetzt etwas geschehen!"
Es gehört zu den schwierigsten Aufgaben, die uns gestellt werden, etwas Unabänderliches auszuhalten und einfach nur zu begleiten, also dabei zu sein und löst unter Umständen enorme Angst und Zweifel in Ihnen aus, wenn Sie sich fragen müssen "haben wir nicht etwas übersehen?", "Muss er / sie jetzt wirklich sterben oder können wir noch etwas dagegen tun?" oder "Kann es sein, dass der jetzige Zustand Folge eines menschlichen Versagens der Pflegekräfte / Ärzte / anderer Menschen ist?"

All diese Fragen sind normal und spiegeln nur wider, wie schwer es ist, einen geliebten Menschen gehen zu lassen, ihm nicht mehr helfen und ihm auch nicht folgen zu können. "Loslassen" ist vielleicht die schwierigste Aufgabe, die uns Menschen im Leben gestellt werden kann und Sie brauchen Mut, Zuversicht, Kraft und Unterstützung, um die Zweifel in dieser letzten Lebensphase aushalten zu können!

In den allerletzten Tagen vor dem Tod sind viele Menschen nicht mehr bei Bewusstsein. Sie nehmen nicht mehr aktiv an ihrer Umwelt teil und können als letztes Geräusche und Stimmen hören und eine Berührung ihrer Haut spüren. Es kann passieren, dass der Sterbende motorisch sehr unruhig wirkt, an der Bettdecke nestelt, sich so weit es die Beweglichkeit noch zulässt auch wälzt von links nach rechts und unregelmäßig atmet. In dieser Phase kurz vor dem Tod kann auch ein Brodeln durch zähe kurze Schleimfäden in den Bronchien auftreten, dass Sie als begleitenden Menschen sehr verängstigen kann.
Wenn diese Symptome sehr ausgeprägt sind, können Medikamente die Unruhe und das Brodeln ohne schwerwiegende Nebenwirkungen für den Sterbenden lindern und Ihnen insofern ein Stück weit den Weg etwas leichter machen. Ziehen Sie dazu den Hausarzt zurate.

Wichtig: Achten Sie auch auf sich selbst!

Für Sie selbst als Begleiter oder Begleiterin in dieser Lebensphase verändert sich möglicherweise das Zeitempfinden, aber Sie sollten weiterhin wahrnehmen und akzeptieren, dass die Zeit eine wichtige Konstante in Ihrem Leben ist. Bitte achten Sie darauf, sich Pausen zu nehmen, regelmäßig zu essen und zu trinken und möglichst auch die Haltung zu wechseln und den Körper zu entspannen. Tanken Sie Kraft und Energie, indem Sie sich darin abwechseln, am Bett oder im Zimmer des Sterbenden Zeit zu verbringen und begreifen Sie diesen Weg als etwas, das aus einem Schritt nach dem anderen entsteht.

Aus Ihrem Leben haben Sie bisher bestimmt schon die Erfahrung gemacht, dass wir Menschen in den schwierigsten Momenten unseres Lebens meist trotz aller Belastung genügend Kraft und Energie hatten, um genau diese Schwierigkeiten zu überstehen. Auch in der Situation einer Sterbebegleitung werden Sie erfahren, dass Ihre Energie ausreichen wird und dass Sie die mitunter quälend aufblitzenden Gefühle von Ohnmacht und Wut, aber auch Zweifel, Hoffnungslosigkeit und Angst aushalten können, selbst wenn Sie daran phasenweise Zweifel haben.
Sprechen Sie mit jemandem, benennen Sie Ihre teilweise auch paradoxen Gefühle und schämen Sie sich nicht dafür, dass irgendetwas unangemessen sein könnte. In einem Moment mag Sie (je nach Temperament) ein Weinkrampf schütteln und im nächsten Moment mögen Sie das Gefühl haben, hysterisch lachen zu müssen und all diese Gefühle sind in Anbetracht der Dynamik und der "Un-Ordnung" des Sterbens angemessen.

Sie werden bei einer intensiven Begleitung vielleicht für eine Weile selbst in einer anderen Welt leben und sollten jede praktische Hilfe annehmen, die Sie aus Familie oder Freundeskreis bekommen können! Ob jemand Ihnen etwas vom Einkaufen mitbringt oder schnell eine Maschine Wäsche für Sie wäscht oder Ihnen ein warmes Essen kocht: All das kann helfen, im Strudel der Gefühle nicht unterzugehen und einen Rest von "Erdung" zu behalten.

Wenn Ihre Familie klein ist oder der Kreis derjenigen, die am Sterben des Menschen Anteil nehmen, nur wenige Menschen umfasst, kann es sein, dass Ihnen Hilfe und Unterstützung von außen gut tut.
In Absprache mit dem betreuenden Arzt, mit dem möglicherweise eingeschalteten Pflegeteam oder mit der Kirchengemeinde kann vielleicht Hilfe durch den Hospiz-Besuchsdienst mit seinen freiwilligen ehrenamtlichen Mitgliedern organisiert werden.