Eine ältere Frau misst ihren Blutzuckerwert. Sie sticht sich dazu mit dem Messgerät in den Zeigefinger der linken Hand

Diabetes mellitus / Alterszucker

Ein bisschen Alterszucker ist doch nicht so schlimm, oder?

Die Zuckerkrankheit, der Diabetes mellitus, ist eine der häufigsten Erkrankungen, die das Älterwerden mit sich bringen kann und auch eine der Krankheiten, bei denen die Erkrankungszunahme drastisch ansteigt.

Obwohl in der medizinischen Forschung seit bestimmt 20 Jahren darauf hingewiesen wird, dass die Zunahme an Diabetes Fällen weltweit, vor allem aber in den Industrienationen mit ihrem hohen Lebensstandard, ein wirkliches Gesundheitsproblem darstellt, steigen die Zahlen noch viel rasanter, als es die jeweiligen Schätzungen der vergangenen zwei Jahrzehnte jeweils vorhergesagt haben. Das hat leider auch erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für unsere Gesellschaft, indem zur Zeit etwa 20% des gesamten Budgets unserer Krankenversicherungen in Deutschland zur Behandlung des Diabetes mellitus eingesetzt wird.

Gleichzeitig ist in weiten Teilen der Bevölkerung die Annahme verbreitet, dass Alterszucker, wie Typ 2 Diabetes häufig genannt wird, ganz normal und gar nicht so schlimm ist. Oft wird die Krankheit gar nicht oder sehr spät entdeckt. Experten schätzen, dass rund ein Viertel der Betroffenen in Deutschland nichts von ihrer Erkrankung wissen. Sie schieben typische Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit und ein generelles Gefühl von Mattigkeit aufs Alter und gehen dem nicht weiter nach. Daher können wir nur dringend dazu raten: Besuchen Sie regelmäßig Ihren Hausarzt und lassen Sie sich mindestens einmal im Jahr gründlich durchchecken, inklusive Blutuntersuchung.

Formen von Diabetes

Diabetes Typ 1, Typ 2 und Typ 3

Die grobe Unterscheidung in zwei Formen der Zuckerkrankheit trifft auf etwa 99% aller Erkrankungen an Diabetes zu:

Der Diabetes mellitus Typ 1 ist eher eine Erkrankung junger Menschen, bei denen die Bauchspeicheldrüse die Fähigkeit verliert, das Hormon Insulin zu bilden.
Die Symptome schon beim Auftreten dieser Form des Diabetes sind erheblich, führen meist rasch zu einer notfallmäßigen Krankenhausaufnahme und erfordern immer eine Therapie mit Insulin, das sich die Betroffenen durch mehrfache tägliche Injektionen oder sogar eine Insulinpumpe zuführen.
Diese Form von Diabetes mellitus macht in etwa 5% aller Diabetesfälle in Deutschland aus. Es gibt einige noch sehr viel seltenere Formen von Diabetes, die insgesamt unter 1% aller Erkrankungen ausmachen.

Wesentlich häufiger und vor allem in höherem Lebensalter tritt der Diabetes mellitus Typ 2 auf, den man lange "Alterszucker" nannte.
Bei dieser Form des Diabetes ist die Bauchspeicheldrüse letztlich in der Lage, Insulin herzustellen, stellt teilweise sogar mehr Insulin her, als benötigt wird, aber das Insulin kann im Körper nicht mehr dort wirken, wo es benötigt wird. Das beste Bild hierfür, das auch in den Diabetiker Schulungen verwendet wird, ist das Bild eines verbogenen Schlüssels, der ein Schloss nicht mehr aufschließen kann. Man nennt dieses Verbiegen des Schlüssels auch "Insulinresistenz".

Unter der Bezeichnung Diabetes Typ 3 werden verschiedene seltene Formen der Krankheit zusammengefasst, die auf andere Art und Weise entstehen als Typ 1 und Typ 2.

Wenn man diesen Mechanismus betrachtet, ist die beste Situation natürlich die, nicht an einem Diabetes zu erkranken.
Erhebliche Anstrengungen weltweit ebenso wie in unserem Land laufen daraufhin, so viel wie möglich über den Diabetes zu informieren, um möglichst vorzubeugen und die Zahl der Neuerkrankungen zu verringern oder zumindest den rasanten Anstieg der Erkrankungszahlen abzubremsen. Bisher sind die Zahlen sehr ernüchternd, aber wir werden in den folgenden Jahren sicher eher mehr als weniger über den Diabetes in allen Medien hören und sehen.

Wie funktioniert die Krankheit Diabetes mellitus?

Ein ganz kurzes Bild unserer Verdauung von Kohlenhydraten kann Ihnen vielleicht ein Bild davon vermitteln, wie wichtig eine funktionierende Insulinwirkung für unseren Körper ist: wir essen etwas, das Kohlenhydrate enthält (zum Beispiel eine Scheibe Brot) und im Rahmen der Verdauung, die ja schon beim Kauen beginnt, wird die Stärke im Brot nun zu einzelnen Zuckermolekülen abgebaut. Diese sehr kleinen Zuckermoleküle können im Magen dann die Schleimhaut durchdringen und schwimmen nun im Blut.

Zucker ist der wichtigste Energielieferant für unser Gehirn. Obwohl das Gehirn nur einen kleinen Teil unseres Körpergewichts ausmacht, beansprucht es einen überproportional großen Anteil des aufgenommenen Zuckers für sich. Den restlichen Zucker benötigt vor allem unsere Muskulatur als Brennstoff.
Hierbei kann der Zucker direkt in Muskelarbeit umgesetzt werden und an dieser Stelle kommt das oben erwähnte Insulin nun zum Einsatz: Mit der Nahrungsaufnahme erhält die Bauchspeicheldrüse die Information, dass nun gleich aufgespaltene Kohlenhydrate, also Zucker, im Blut ankommen werden, und schüttet darauf hin eine jeweils passende Menge Insulin ebenfalls ins Blut aus.
Die Zuckermoleküle und die Insulinmoleküle schwimmen also zeitgleich im Blut bis zu den Muskelzellen und dort "schließt Insulin die Tür auf". Nur wenn Insulin und Zucker gleichzeitig an der Muskelzelle ankommen, kann die Muskelzelle die Zuckermoleküle in ihr Inneres aufnehmen und dann mithilfe dieser Moleküle (die ein wenig wie ein Brennstoff in einem Ofen wirken) arbeiten.

Dieser wichtige Vorgang ist beim Diabetes Mellitus Typ II gestört: Die Muskeln erhalten nicht den Zucker, den sie zum Arbeiten bräuchten und der Zucker kreist unbenutzt in viel zu hoher Konzentration in den Blutgefäßen. Der Muskulatur fehlt die Kraft (was bewirkt, dass "Muskelschwäche" und "sich schlapp fühlen" mit zu den Symptomen eines noch nicht entdeckten und behandelten Diabetes gehört.)

Mögliche Folgeschäden

Der Zucker im Gefäßsystem richtet den Schaden an, der dann die Folgeschäden erklärt, für die der Diabetes gefürchtet ist: Ein zu hoher Zuckergehalt im fließenden Blut schädigt in erster Linie alle Gefäße des Körpers. Vom hauchfeinen Haargefäß (Kapillare), das einen Durchmesser von etwa einem zehntel Millimeter hat bis hin zur großen Körperschlagader (Aorta), die etwas unter zwei Zentimeter Durchmesser hat.

Man unterscheidet bei den Folgeschäden die Mikroangiopathie (also die Schäden an den kleinen dünnen Gefäßen), die vor allem die Niere, das Auge und das Nervensystem schädigen können und die Makroangiopathie, die vor allem die Gefäße mit größerem Kaliber betrifft und so Erkrankungen wie den Herzinfarkt (Myokardinfarkt), den Schlaganfall (Apoplex) und die Durchblutungsstörungen an den Beinen ("Schaufensterkrankheit" oder "Raucherbein") auslöst.
Dazu kann auch eine Depression eintreten, da sich Patienten wegen der anderen Folgeschäden der Diabetes stark beeinträchtigt fühlen, leiden und sich aus dem sozialen Leben zurückziehen.

Welche Ursachen für Diabetes gibt es?

Neben einer eindeutigen erblichen Veranlagung sind die Faktoren "Übergewicht" und "Bewegungsmangel", die ja bekanntermaßen sehr häufig gemeinsam auftreten, die Hauptauslöser für die hohe Zahl an Erkrankungen an Diabetes mellitus Typ II. Dabei besteht eine erschreckende Entwicklung darin, dass der "ehemalige Alterszucker" heute beileibe keine Erkrankung älterer Menschen mehr ist. Immer größer wird die Zahl von Kindern und jüngeren Erwachsenen, die bei bestehendem erheblichen Übergewicht bereits die Insulinresistenz und damit einen Diabetes entwickeln.
Dabei rechnet man in 2010 mit etwa 10 Millionen Typ II Diabetikern in Deutschland, von denen viele noch nicht diagnostiziert sind, weil in der ersten Phase des Diabetes oft noch relativ wenige Symptome bestehen, die den betroffenen Menschen veranlassen, könnten zum Arzt zu gehen.
Unspezifische Zeichen könnten Müdigkeit, Abgeschlagenheit und eine gewisse Muskelschwäche sein.
Erst bei steigendem Blutzuckerspiegel werden dann deutlich vermehrter Harndrang und ein ständiges Durstgefühl oder Sehstörungen ein fassbares Symptom und der Anlass für einen Arztbesuch.

Es verwundert daher nicht, dass in der im Abstand von zwei Jahren von den gesetzlichen Krankenversicherungen angebotenen Vorsorgeuntersuchung ("Gesundheitscheck") die Untersuchung von Zuckergehalt in Blut und Urin eine wichtige Rolle spielt.

Wie Diabetes vorbeugen?

Auf diese Frage gibt es eine klare Antwort: Bitte normalisieren Sie Ihr Körpergewicht und bewegen Sie sich!
Sie werden damit Ihrer Vererbung und Ihrer Familiengeschichte nicht vollends weglaufen können, aber Sie senken Ihr persönliches Risiko, an Diabetes zu erkranken, ganz erheblich.
So einfach diese Antwort und so unendlich schwer unter Umständen die Umsetzung.
Dem Thema "Übergewicht und Gewichtsreduktion" werden wir daher einen eigenen Artikel in der Kategorie "Gesunder Lebensstil" widmen; denn hier lohnt Ihr Engagement und jeder neue Versuch, dem eigenen Ziel näher zu kommen, jeden Tag aufs Neue!
Informieren Sie sich schon jetzt über die Themen "durch Bewegung abnehmen" und "gesunde Ernährung und Körpergewicht".

Was tun bei Diabetes?

Antworten, die nach der Diagnose helfen

Was mache ich, wenn ich bereits an Diabetes erkrankt bin?
Die Antwort auf die Frage "Was mache ich, wenn ich bereits einen diagnostizierten Diabetes habe?" ist naturgemäß etwas länger. Auch sie beginnt mit: Bitte normalisieren Sie Ihr Körpergewicht (falls notwendig) und bitte bewegen Sie sich regelmäßig! Dieses erfordert in der Regel eine Umstellung Ihres bisherigen Lebensstiles und ist als solches kein einfaches Unterfangen, aber es ist das, was als A und O Wirkung zeigen wird. Mit deutlich gesenktem Gewicht kann es sein, dass Ihr Blutzucker sich ohne weitere Behandlung wieder normalisiert und keine weitere Behandlung notwendig wird, obwohl weitere regelmäßige Kontrollen unbedingt erfolgen sollten.
Wenn Sie immer normalgewichtig waren und es noch sind oder wenn Sie sogar sehr schlank sind und an einem Diabetes erkranken, erfolgen unter Umständen weitere Untersuchungen, um eine der selteneren Sonderformen des Diabetes auszuschließen und gegebenenfalls anders zu behandeln.

Die nächsten wichtigen Antworten für Sie als Typ II Diabetiker sind:
Halten Sie auf jeden Fall Kontakt zu Ihrem Hausarzt! Er wird Ihnen manchmal auch vorschlagen, die Hilfe eines Facharztes für Diabetes (Diabetologe) hinzuzuziehen, wird aber in den meisten Fällen den größten Teil der Behandlung selbst übernehmen.
Wenn Ihre Hausarztpraxis Ihnen vorschlägt, am vierteljährlichen Kontrollprogramm Ihrer Krankenversicherung teilzunehmen, sollten Sie dieses Programm auf jeden Fall in Anspruch nehmen.
Hierbei erhalten Sie einen vierteljährlichen Untersuchungstermin, bei dem der Blutzucker, der sogenannte Hunderttagewert (oder "Langzeitwert" HbA1c) im Blut und der Urinzucker gemessen werden.
Sie sollten in der Regel einen blauen Diabetiker Ausweis erhalten, in den die Werte alle 3 Monate eingetragen werden. Eine jährliche Untersuchung beim Augenarzt und eine Kontrolle der Füße gehören ebenfalls in dieses strukturierte Behandlungsprogramm.

Ihre Hausarztpraxis und Sie werden bei diesen Terminen auch besprechen, wie der Lebensstil aussieht, ob und wie er sich eventuell verändert hat und welche Ziele Sie sich für die nächsten Monate vornehmen.
Sie können entweder in der Praxis selbst oder zentral über sogenannte Schulungsvereine an einer vierwöchigen Schulungsreihe über Ihrer Erkrankung und über den Bluthochdruck, der ja häufig gemeinsam mit dem Diabetes auftritt, geschult werden und lernen so, einen großen Teil Ihrer Behandlung in die eigenen Hände zu nehmen und nach Ihren Bedürfnissen zu gestalten.

Weitere Behandlungsschritte nach der Diagnose Diabetes

Wann immer wir Menschen etwas aktiv in die Hand nehmen und nach unseren Wünschen gestalten können, tritt das Gefühl "krank und handlungsunfähig" oder "einem Schicksal ausgeliefert zu sein" in den Hintergrund und verbessert so unsere Lebensqualität erheblich!
Statistisch hat sich herausgestellt, dass die Diabetiker, die sich dem Behandlungsprogramm (DMP oder Curaplan genannt) anschließen und ihre Termine wahrnehmen im Schnitt gesünder sind und weniger Komplikationen haben als die Diabetiker, die keine oder weniger Kontrollen wahrnehmen und sich nicht an der strukturierten Versorgung beteiligen mögen.

Wenn eine Umstellung des Lebensstiles, eine Gewichtsabnahme und eine Erhöhung Ihres täglichen Bewegungspensums keine annähernde Normalisierung des Blutzucker Langzeitwertes erreichen konnten, wird Ihnen eine Tablettenbehandlung angeraten. Hier kommen verschiedene Wirkstoffe und Medikamente zum Einsatz, über die Sie Ihr Hausarzt informieren wird.

Der Diabetes mellitus Typ II kann sich über eine längere Anzahl von Jahren verstärken und der Stoffwechsel sich verschlechtern. Insbesondere wenn sich das Körpergewicht nach oben statt nach unten verändert hat und einige Jahre mit einer Tablettenbehandlung vergangen sind, steigen die Langzeitwerte an und eine Therapie mit Insulin wird nun notwendig.
Die Behandlung mit Insulin, die ja durch Injektionen in die eigene Haut an Oberschenkel und Bauch erfolgen muss, ist für viele Menschen ein rotes Tuch und ein Schreckgespenst zugleich. Bitte haben Sie nicht zu viel Angst vor der Behandlung!
Insulin kann Leben retten, die Rate an Komplikationen und Folgeschäden verringern und Ihnen dadurch eine höhere Lebensqualität sichern, als Sie sie ohne die Insulinbehandlung bei schlecht eingestelltem Blutzucker hätten!
Die heutigen Systeme zum Spritzen sind auch und gerade für Senioren so einfach in der Handhabung, dass man auch im Alter über 80 Jahren noch relativ problemlos lernen kann, mit dem Blutzuckermessen und der nachfolgenden Insulingabe umzugehen. Die Nadeln an den Injektionssystemen sind sehr fein, die Einstiche schmerzen kaum und die Verbesserung Ihres Befindens kann enorm sein.

Ihre Hausarztpraxis ist auch hier Ihr erster Ansprechpartner für die Einweisung und alle Fragen im Umgang mit dem Diabetes und der Insulintherapie und wird Ihnen helfen, auch Stolpersteine und schwierige Momente gut zu meistern.

Unsere Gesundheitsexpertin

Unsere medizinischen Fachtexte werden von Anke Prczygodda verfasst.

Anke Prczygodda ist Fachärztin für Allgemeinmedizin in Kiel und hat sich speziell für den Bereich ambulante geriatrische Rehabilitation qualifiziert.
Unsere Texte stammen also aus der Feder einer ausgewiesenen Expertin für Altersheilkunde.

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